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29 10 | '14

Anleitung zur Scheiss-drauf-Stimmung

Ich HASSE Kurzübungen.

"Zeichnet doch mal in 30min xyz" , heisst es dann.

Ich bin realistisch genug, um zu wissen, dass meine Zeichenfähigkeiten immer noch nicht ausreichen. Und dass ich schon allein wegen dem Zeitdruck nur Schrott abliefern werde. Und dass meine Strategie die falsche ist.

Meine Strategie, die da lautet: möglichst gestresst und mit hohem Tempo rein in die Aufgabe und dann immer gleich verzweifeln, wenns nicht klappt.

Die richtige Strategie wäre: innerlich den Lehrern den Stinkefinger zeigen (sorry, nicht böse gemeint), sich hinsetzen, erstmal ein Tässchen Kaffee trinken und dabei nebenbei rumkritzeln, weil man das eh gerne macht.

Diese Woche ist erst zur Hälfte vorbei und doch glaube ich: die hat mir richtig gut getan! Ich hab mich wunderbar über alles ärgern können, insbesondere über diese Kurzübungen und dass ich dermassen brav in dem engen Rahmen geblieben bin, den man uns gesteckt hat, dass ich meine "scheiss drauf"-Stimmung wieder entdeckt habe. Nicht zu verwechseln mit der "null bock"-Stimmung, denn diese wäre kontraproduktiv.

Anleitung zur scheiss-drauf-Stimmung

1 Frau/man habe möglichst viel Spass bei der Sache - das steht ganz oben

2 Anstrengung, Schweiss und Blasen an den Fingern - sorry, gehört leider auch dazu

3 Frau/man ignoriere Normen, Regeln, einschränkende Rahmen und insbesondere Vorbilder, die auf einen Sockel gestellt und mit Weihrauch bespritzt werden (auch die eigenen)

4 Frau/man zeichne/male/collagiere/drucke/spucke/lecke/sabbere Bilder zusammen, die aus tiefstem Herzen kommen und persönlich sind (wie persönlich es sein darf, um bei einer Besprechung in der Gruppe noch die Würde wahren zu können, muss jede/r selbst beurteilen)

5 Irgendeinen Scheiss ausprobieren, einfach, weil dir danach ist - vielleicht ist es nicht wichtig, vielleicht nicht relevant, aber erwachsen und vernünftig kannst du ein andermal sein. Es gibt Zeiten für Kaffeekränzchen im steifen Rahmen, aber jetzt geht es erstmal darum, die Sau rauszulassen. Alles andere kommt später.

6 Dazwischen mal anhalten und gucken, ob man nicht komplett Offroad gegangen ist.

7 Die eigene Seele wird für nix verkauft - auch nicht für ein nettes Lob von den Dozierenden und auch nicht für ein "Boah, ist das cool!" von den Mitstudierenden. Einzig und allein du zählst jetzt und hier.

8 Ruhe. Irgendwie musst du zur Ruhe kommen. Für mich heisst das, dass ich alleine sein muss - oder zumindest gefühlt alleine, indem ich die Musikhörer einstöpsle.

9 Blödel rum, spinn rum, je absurder, je lächerlicher, je bescheuerter, desto besser. Lass Blut spritzen, zeig den Pimmel vom Rektor, der gleich darauf kastriert wird, verarsche Herr und Frau Biedermeier bis zur Boshaftigkeit, spucke Gift und Galle und spare auch ansonsten nicht an Körperflüssigkeiten. Oder noch besser: male gleich mit den entsprechenden Körperflüssigkeiten.

10 Und wenn das miese Feedback dann doch kommt - dann sagst du dir: scheiss drauf! Streich die Würze weg, guck dir an, ob dir das Feedback was nützt und zeichne deinerseits ein Feedback an die Dozierenden, das du in weiser Voraussicht erstmal zu Hause versteckst, bis das Studium vorbei ist.