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18 02 | '13

Menschlichkeit

Ich wollte ja den Dozenten an der ZHdK nicht glauben, dass Layouten und Anordnen mit Cutter und Papier besser funktioniert als am Computer. Bis vorhin. Ich hab grad mal die fünfte Seite im InDesign herumgeschubst und angeordnet und ich langweile mich zu Tode. Es fehlt das Papier zwischen den Fingern, die flüssige Tinte, das unglaublich befriedigende Gefühl, wenn Strich um Strich eine schwarze Fläche entsteht. Mir fehlen sogar die Tuscheflecken auf den Fingern, so dass ich aussehe wie eine Erstklässlerin, die mit dem Fülli noch nicht so richtig umgehen kann. Dem Computer fehlt es an Sinnlichkeit.

Als ich hörte, dass die modernen IllustratorInnen (scheinbar) nur noch am Computer arbeiten sollen, war ich ein wenig geschockt. Es gibt witzige Produktionsverfahren, in denen man zeichnet, einscannt, bearbeitet, druckt und wieder drauf malt. Aber ausschliesslich am Computer? Nicht mit mir. Ich liebe den Gestank von Terpentin, das kratzende Geräusch einer Zeichenfeder. Die Patzer, die einem passieren. Die nie ganz perfekten Linien, weil der Pulsschlag die Hand leicht zittern lässt. Ist es nicht genau das, was die Zeichnung menschlich macht? Einige Male habe ich an einer Zeichnung so lange "geschliffen", bis aus einem individuellen kleinen Werk eine total langweilige 08/15-Variante wurde. Es war eine lehrreiche Erfahrung. Der erste spontane Impuls, das bin ich. Der zweite Impuls, der folgt, ist bereits ein Klischee. 

Und was mein Layout betrifft - ich werde wieder zum Cutter greifen, das A4 zum Todfeind erklären und das Papier befragen, was es werden will. Und spät nachts mit Bedauern die Arbeit niederlegen, weil ich die Augen nicht mehr auf halten kann.