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10 05 | '16

Unterwegs in einer Seifenblase 19

Ich hätte nie diese römische Numerierung einführen sollen... die wird mir eines Tages noch das Genick brechen. Egal. Heute hab ich mich schon sehr früh mit dem Scheitern auseinandergesetzt. Es fing damit an, dass ich Joggen war. Und heute meine beste Zeit übertroffen habe. Dabei war es gar nicht so wahnsinnig anstrengend, ich hatte einen sehr ruhigen, regelmässigen Rhythmus. Und da fiel mir ein, dass auch bei der Gestaltung es immer so war: wenn ich versuche, zu pushen, wenn ich Ehrgeiz entwickle, dann fallen die Arbeiten flach aus. Die Dinge, die ich so eben mal schnell nebenbei hergestellt habe, die waren es, die die Aufmerksamkeit der Dozierenden auf sich zogen. Für mich war das immer auch eine Quelle der Frustration - wie soll ich denn etwas Tolles auf die Beine stellen, wenn ich es nicht wollen darf?

Und dann dachte ich an meine Bachelor-Arbeit - wie knapp die Zeit wird, bis die Dreharbeiten beginnen. Ein Teil von mir fand: "Hey, du kannst das Scheitern nicht verhindern. Wäre es nicht toll, wenn du hinterher sagen könntest: ich bin gescheitert, aber ich hatte eine verdammt gute Zeit dabei..." Lustvoll zu scheitern, zu sagen: hey, es ist zwar nicht gut genug, aber dafür habe ich jede Minute davon genossen!

Ein Freund hat mich mal gefragt, ob ich denn auch Kunst machen würde, wenn ich keinen Erfolg damit hätte. Ich musste erstmal schlucken. Und dann fand ich: ja. Weil ich lieber jeden Tag aufstehe und diese Welten erschaffe, diese verrückten Dinge ausdenke, diese Geschichten erzähle und mich daran erfreue, selbst wenn nur meine Freunde sie anschauen, als dass ich auf diese Welt verzichten würde. Es ist eine eigene Sprache, eine eigene Welt und ein bisschen ist es auch Magie. So wie als kleines Kind, wenn man noch an magische Dinge glaubt. Es verzaubert die Realität und macht sie zu einem magischen Ort. Du siehst plötzlich überall diese wundervollen Dinge - ein paar rostige Nägel sammelst du ein und sie werden in deiner Kunst zu Blumen. Du läufst mit offenen Augen durch die Welt und siehst überall diese unglaubliche Schönheit - selbst hässliche Dinge, verrückte Dinge, haben ihre eigene Schönheit inne. Ich kann stehen bleiben und den Bewegungen eines Baggers fasziniert zuschauen, während die Leute sich wahrscheinlich fragen, weshalb ich mit glänzenden Augen so eine blöde Maschine anstarre. Weil sie nicht sehen, was ich sehe - ich sehe einen Tanz, ich sehe Raum, der sich streckt und zusammenzieht, ich sehe die in die tiefe fallenden Steine und geniesse dieses Gefühl, als sei ich einer jener Steine. Und Erfolg ist so etwas Kleines, so etwas Winziges im Vergleich zu all diesen Erlebnissen. Erfolg ist höchstens noch die Bestätigung dessen, was du bist. Und ja, wenn ich mein Leben lang doofe Nebenjobs machen muss, nur eine kleine Wohnung habe, wenig Luxus und dafür all diese Dinge erleben kann, dann will ich das tun.