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10 05 | '16

Unterwegs in einer Seifenblase 20

Die Magie ist heute gleich zweimal passiert. Magie ist der Moment, wenn neue Erkenntnisse auftauchen - ah, das könnte ich ja so machen! Und dann siehts plötzlich hammermässig aus und man hätte sich das nie im Voraus ausdenken können! Man hält einfach die Augen offen und dann passiert es Schlag auf Schlag auf Schlag, die Ideen purzeln übereinander, stolpern sich gegenseitig über die Füsse, so schnell geht das! Und hinterher kann man selbst fast nicht glauben, wie engstirnig man an einer Idee festgehalten hat - nicht einmal bewusst, man hat einfach die eigenen Annahmen nicht hinterfragt, Dinge als gegeben angenommen. Dabei muss man wirklich alles hinterfragen. Muss es dieses Material sein, muss es viereckig sein, muss es flach sein?

Es ist kein Zufall, dass die grossen Dinge gerade jetzt passieren, drei Tage vor Drehbeginn. Hätte ich die Drehtage um eine Woche herausgeschoben, wäre es halt eine Woche später passiert. Es braucht diese Deadline, diese feste, steinerne Mauer, durch die man mit dem Kopf nicht mehr durch brechen kann. Und in dem Moment, in dem die Zeit vor einem sich komprimiert, immer dichter und enger wird, entsteht ein explosives Gemisch wie in einem dieser Zylinder im Motor*, wo erst der Druck zur Explosion und damit zur Zündung führt. In den Monaten zuvor ist viel gedacht und gearbeitet worden, aber in dem Moment passiert so viel wie die ganze Zeit zuvor nicht.

Nicht, dass ich den Zeitdruck nicht spüren würde. Während ich arbeite, spüre ich ihn weniger. Aber in den Pausen, da höre ich die Uhr ticken und sie tickt immer lauter. Die notwendigen Dinge, sie passieren endlich. Die Kulisse 2, mein Stiefkind, das sich nie so richtig entwickeln wollte, ist heute explodiert vor Möglichkeiten. Das musste irgendwann passieren, es war schlichte Notwendigkeit. Trotzdem habe ich mir die Zeit genommen und mich heute für eine Stunde in ein Café gesetzt. Und genug gegessen. Und genug geschlafen. Weil ich inzwischen gelernt habe, dass das Drumrum genauso wichtig ist wie das, was im Atelier passiert. Ein Mensch, der hungrig, erschöpft und unglücklich ist, hat keinen Antrieb, kreativ zu sein - dazu müssen erstmal die Grundbedürfnisse gestillt werden.

Wenn ich an den Samstag denke, kommt ein nervöses Kribbeln im Bauch auf. Wie hat jemand zu mir gesagt: es kann gut gehen, es kann aber genauso gut in die Hose gehen. Da wäre beispielsweise die Problematik, dass ich noch meinen Kleiderschrank verschieben muss, weil ich genau diese Ecke zum Filmen brauche (es ist tatsächlich die einzige echte Ecke in meiner Wohnung ohne störende Dachschräge). Weil da aber kein Platz ist, muss ich zuerst mal das Sofa verschieben. Vermutlich in die Mitte des Raumes. Da steht im Moment aber Kulisse 2. Sprich: ich muss Tetris spielen. Nicht davon zu sprechen, dass Kulisse 2 noch nicht fertig ist (und ich jetzt am liebsten drei Wochen hätte, um daran weiter zu arbeiten), zwei Kostüme noch fertig ausgearbeitet werden wollen, noch diverse Gegenstände fehlen. Ach ja und da waren doch noch so Sachen wie Belichtungs- und Filmtests, die jetzt wahrscheinlich am Wochenende live gemacht werden müssen. Und das Skript ist immer noch nicht wirklich konsolidiert und überarbeitet seit der neusten Fassung. Es kann gut gehen - es kann aber genauso gut in die Hose gehen. Ich berufe mich auf einen meiner letzten Posts hier: auch wenn ich scheitere - dann hatte ich wenigstens verdammt viel Spass dabei!

*Ich hoffe, ich hab das richtig in Erinnerung.