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11 05 | '16

Unterwegs in einer Seifenblase 21

Vor ungefähr drei Wochen habe ich beschlossen, dass ich ohne weiteres Feedback von Dozierenden arbeiten will. Wieso? Vielleicht geht es darum, dass man sich immer noch ein bisschen auf die Dozierenden abstützen kann - wenn ich nicht weiter weiss, sagen die mir schon, was ich zu tun habe. Man gibt einen Teil der Verantwortung an sie ab, aber damit auch einen Teil der Kontrolle. Nun habe ich aber einen so seltsamen intuitiven Arbeitsprozess und ich habe innerlich schon einen ganzen Film, ich sehe alles schon vor mir, kann das aber nach aussen nicht verständlich vermitteln, meine Vorstellung nicht transportieren - einiges davon ist auch nur ein vages Gefühl, eine Spur von etwas, das noch nicht definiert ist. Aber wenn ich es vor mir sehe, weiss ich, das ist es, so muss es sein! Wie sollen das Dozierende begleiten können? Ich konnte nicht sagen, was ich vorhatte, weil ich es selber noch nicht wusste. Selbst jetzt gibt es noch Fragen, die komplett offen sind, obwohl diesem Samstag Drehbeginn ist. Ich sehe es, wenn ich es vor mir habe. Aber erst dann. Und wie der Film schlussendlich aussehen wird, werde ich auch erst in zwei, drei Wochen wissen, wenn er geschnitten ist. Die Geschichte ist soweit vorgegeben, aber ich werde auch einige Aufnahmen machen, die man als Bausteine für verschiedene Handlungen verwenden kann. So ein Projekt als Dozierende zu begleiten würde heissen, sich komplett zurückzuhalten und es geschehen zu lassen - damit wären sie zum reinen Zuschauen verdammt. Wozu dann also überhaupt noch eine Begleitung?

Ich merke, dass ich anders agiere, seit ich auf mich allein gestellt bin. Zunächst wollte ich noch von Mitstudierenden Feedback einholen. Das hab ich teilweise auch gemacht, aber schnell gemerkt, dass es nicht viel hilft, weil diese genauso wenig in meinen Kopf sehen können wie die Dozierenden. Weil der beobachtende, kritische Teil von aussen wegfällt, muss ich selbst diese Rolle übernehmen. Und das tut mir extrem gut. Ich wechsle ständig den Modus - gestern war ich total euphorisch und mitten drin, heute trete ich einen Schritt zurück und finde: "Das da kannst du aber nicht so lassen. Das ist zwar witzig, passt aber überhaupt nicht zu dem Prinzip, das du aufgestellt hast."

Es ist ein Agieren ohne Sicherheitsnetz. Auch wenn ich hin und wieder "mogle" und doch mal jemandem was zeige (eigentlich ist das nur eine Streicheleinheit für die Seele, es braucht nur jemanden, der sagt: hey, cool! Mach weiter!), schlussendlich weiss ich, dass ich mich da einen Abgrund runter gestürzt habe - es gibt keinen Weg zurück nach oben, ich bin im freien Fall. Und am Ende werden wir sehen, ob da unten ein weiches Netz auf mich wartet und mich auffängt - oder ob ich auf den harten Steinboden knalle.

Am Ende wird es jedoch kein Projekt sein, das nicht von Dozierenden begleitet wurde. Es wurde viel diskutiert, viel ausprobiert und all dieses Feedback vom Anfang mit dem ersten Thema der Menstruation über den Wechsel zum Thema Ekel wie es jetzt dasteht, hat mir geholfen, diese Form zu finden. Vor allem war mein Denken zu lose, zu willkürlich - durch die strukturierte Denkweise der Dozierenden hab ich angefangen, gerade so viel Struktur hinein zu bringen, dass die ganzen losen Fäden zusammenhalten, so dass sie sich nicht in einem willkürlichen Gewirr verknoten. Der Teil war noch dringend nötig. Und jetzt gibts nur noch eine Richtung und die ist vorwärts - kein Zweifeln, kein Bangen, einfach nur handeln, Schlag auf Schlag. Und sich zwischendurch Zeit nehmen, um durchzuschnaufen.