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07 11 | '16

Wieder eine Prozessanalyse

Blender gibt mir wirklich den Rest. Ich hasse Blender. Photoshop war damals auch zickig, aber es gab dann relativ schnell unglaublich coole Resultate. Und vor allem ist es bedienerfreundlich. Und vor allem ist es zweidimensional. Blender hat nicht nur drei, sondern noch mehr Dimensionen – man könnte sogar sagen, Blender steht in direkter Verbindung mit schwarzen Löchern, dem dritten Auge (das einem manchmal zuzwinkert) und Paralleluniversen. Blender ist ein Paralleluniversum. Da sieht man diese fotorealistischen Videos und denkt: "Boah!" Oder "Uff!" Was auch immer es da oben denkt, im Magen fliegen Schmetterlinge und das nicht zu knapp. Ich sehe all die Möglichkeiten, die noch nicht ansatzweise ausgeschöpft wurden (wieso nur reale Objekte abbilden, wenn man eine komplett neue Realität schaffen kann?). Und dann kommt das, was im Film immer mit diesem frrrrz-Geräusch unterlegt wird: Film stoppt. Wenn Photoshop zickig war, dann ist Blender völlig unnahbar. Ich dachte, ich weiss schon einiges über 3D-Modellierung mit Blender – aber wie das immer ist: je mehr man die Welt erforscht, desto mehr merkt man, was man alles nicht weiss. Da bekommen die Schmetterlinge schonmal etwas müde Flügel und setzen sich auf der Bauchwand zum Ausruhen hin, wenn zum hundersten Mal die Wasser-Simulation das Wasser durch solide Gegenstände hindurch fliessen lässt. Aber die flattern sehr schnell wieder mit Überschallgeschwindigkeit, wenn man sieht, dass in Blender Belichtungssituationen wie in der realen Welt hergestellt werden können (mit Lichtquellen, weissen Wänden, die das Licht reflektieren), wenn man sieht, wie aus Holz in einer Animation zu Wasser werden kann... Es gibt keine weissen Flecken auf der Landkarte mehr. Wir erforschen jetzt das Weltall. Aber das hier ist eine andere Dimension, denn hier erforschen wir die weissen Flecken der Realität und der Vorstellungskraft. Was ist wirklich real? Die Vorstellungskraft ist potentiell unendlich, noch unendlicher als die Galaxien, die wir durch das Teleskop sehen können. Es wäre ein Traum, eines Tages durch eine virtuelle Realität gehen zu können, die sich komplett von der unseren unterscheidet, die uns an unsere nächtliche Traumwelt erinnert, die uns die alltägliche Welt mit neuen Augen sehen lässt so wie kleine Kinder die Welt voller Staunen betrachten. Aber bevor ich nun komplett ins Weltall abdrifte, finde ich mal heraus, warum meine Wassersimulation herumzickt. Ich möchte Blender hassen, kann es aber nicht. Nicht, nachdem ich gesehen habe, was alles möglich ist.

Das Projekt sollte eigentlich bald mal abgeschlossen sein. Das war der Plan. Jetzt ist es gerade zu einem Langzeitprojekt geworden. Mein Motion Tracking in After Effects will in eine dreidimensionale Version umgewandelt werden und es soll noch mehr dieser Motion Trackings geben – denn Blender kann das auch, das Tracken, nur kann Blender nicht nur links und rechts, sondern auch vorne und hinten tracken. Die einzige Gefahr – und der bin ich mir bewusst – ist, sich der Versuchung hinzugeben und nun komplett die Ästhetik zu übernehmen, die Blender durch seine eigene Logik fördert.

Und ein Fehler wird mir nicht nochmal passieren. Diesmal wird der Sound parallel mit der Animation entwickelt. Das heisst, wenn ich einen kleinen Prototypen in Blender habe, gibt es gleich die Geräusch- und Textkulisse dazu. Denn zwischendurch hatte ich einen fertigen Text, einen fertigen Sound und einen fertigen Film, die aber alle nicht zusammenpassten und vor allem nicht miteinander interagierten.

Soviel zum Prozess. Zurück an die Arbeit.