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02 04 | '15

Animation: Der letzte Abend davor

Drei kurze Wochen hatten wir Zeit für diesen Film. Es ist immer wieder erstaunlich, wie meine Wohnung so kurz vor der Deadline aussieht - und wie dringend sie vor der Deadline noch geputzt werden muss. Das Geschirr ist frisch gewaschen, gerade noch konnte ich mich energisch zurückhalten, den Staubsauger hervorzuholen, da finde ich mich wieder, wie ich die Statistiken meines Blogs anschaue. Bei der Gelegenheit erfreue ich mich der hohen Anzahl an Seitenaufrufen, bis mir auffällt, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil davon aus Russland stammt - wo Hacker ganz gerne ihre Server anmieten. Scheiss Spamroboter!
Es ist zehn nach zwölf - nachts. Nur mein Heizofen, der älter ist als ich, rattert unermüdlich vor sich hin (der ist fitter als ich!). Ich hab entdeckt, dass man ganz die Videos in einem ganz bestimmten Rhythmus zusammenschneiden kann. Irgendwie spürt man es plötzlich wie den Takt einer Musik - Bammm, Pause, Bild, Pause, Bamm, Pause. Ich bewege mich inzwischen auch in diesem Takt - Wassertrinken, Arbeiten, Klo, Arbeiten, Joghurt, Arbeiten. Ist es gut oder schlecht, dass morgen mein Film so komplett anders aussehen wird als alle anderen? Dass er so wenig nach Illustration aussieht?
Es ist halb eins. Der Film ist soweit fertig geschnitten, aber es besteht immer noch Korrekturbedarf. Und mein Schlussbild ist immer noch nicht gezeichnet - das Bild, das am Ende alles erklärt!
Exakt drei Uhr und drei Minuten. Das finale Bild ist ausgeschnitten und abgeknipst. Nicht ganz scharf und bei Kunstlicht, aber mehr kann man morgens um drei nicht mehr erwarten. Ich bin eh schon erstaunt, dass ich mir beim Ausschneiden der Flächen nicht im Halbschlaf versehentlich einen Finger amputiert habe. Jetzt spüre ich die Müdigkeit ein bisschen. Aber ich will unbedingt noch ein paar letzte Korrekturen anbringen - auch wenn ich so langsam den Filmkoller kriege. Wenigstens ist meine Studienkollegin auch noch wach. Sie hat sich köstlich amüsiert, als ich ihr den folgenden Screenshot geschickt habe (ich suchte eine Bildvorlage zum Abzeichnen). Die Suchmaschinen werden auch immer unanständiger...
 
Bildschirmfoto 2015-04-02 um 01.13.59.png
 
Es ist jetzt exakt drei Uhr und zweiunddreissig Minuten. Ich hab beschlossen, dass ich mir den Film ein letztes Mal ansehe. Wenn nichts mehr auffällig ist, gehe ich mal für ein paar Stunden schlafen. Drückt mir die Daumen.
Jetzt ist es sechs Minuten vor vier und der Computer exportiert immer noch meinen Film. Ein leichtes Glücksgefühl macht sich breit. Ich habs geschafft! Der Film ist tatsächlich fertig geworden! Ein bisschen geniesse ich das Gefühl mit Vorsicht - was, wenn der Film nicht gut ist? Wie wird er ankommen?
Das After Effects hat eine seltsame Art, die verbleibende Zeit zum Exportieren auszurechnen. Vorher war sie bei 30 Minuten, jetzt ist sie bei 36. Sollte die Zahl nicht eigentlich kleiner werden? Dafür sehe ich etwas anderes kleiner werden und zwar die Zahl der Stunden, die mir zum Schlafen noch bleiben. Vielleicht kann ich ja behaupten, die Augenringe hätte ich mir extra geschminkt, um die düstere Stimmung des Films noch zu untermalen...
Der Vorteil ist, dass ich die Wartezeit nutzen kann, um wieder einmal einen längeren Blogartikel zu schreiben. Ich könnte jetzt noch von den Kohletabletten schreiben, die ich gerade genommen habe, um meine Darmflora zu beruhigen, weil... aber das würde zu weit gehen.
Statt dessen eine herzlichen Dank an mein MacBook Air, das alles so brav mitgemacht hat. Auch wenn ich es das letzte Jahr verflucht habe. Es mag ein grosses Herz haben, aber sein Gehirn ist leider verdammt mikrig - die 120 GB sind ständig voll. Wunderbar inspiriert bei der Arbeit trifft einen die Meldung wie ein Stich ins Herz: "Die Festplatte ist voll. Bitte löschen Sie Dateien." Würde ich ja gerne - aber welche? Ich hab nicht einmal mehr Spielfime auf dem Computer!
Noch 15min exportieren. Mein Ofen rattert immer noch vor sich hin. Vielleicht sollte ich mal die Zähne putzen? Ich glaub, ich tu das mal.
Noch 12min exportieren. Was mache ich jetzt? Hatte ich schon erzählt, dass mein Ofen vor sich hin rattert? Der ist fitter als ich, müsst ihr wissen!
Noch 9min exportieren. Ein Zeitsprung von drei Minuten! Wenn ich nachher rausfinde, dass ich für den Export was falsch eingestellt habe, suche ich den Typen, der das After Effects programmiert hat und knöpfe ihn mir persönlich vor.
Ist ja nur gut, dass ich unter Schlafstörungen leide. Sonst wäre ich unter Umständen morgens um vier langsam müde. Morgen beziehungsweise heute früh um halb acht werde ich wissen, was Müdigkeit ist. Das ist das Ding, das einem ständig den Wecker auf "Snooze" stellt und einen nicht aus dem Bett raus lässt.
Exakt halb fünf Uhr morgens. In zwei Minuten wird der grosse Moment gekommen sein. Nur einer kann der finale Film werden und nur einer wird von After Effects höchstpersönlich exportiert und nur einer wird morgen, äh... heute, in der Aula gezeigt! Ist zwar kein Model, aber auch schön anzusehen.
Meine Damen und Herren, der Film ist offiziell exportiert und wurde bereits von der Autorin gegegengeprüft! Sie wird sich nun zurückziehen, aufhören, Quatsch zu schreiben, und versuchen, trotz dem Lärm ratternder Güterzüge noch eine Mütze Schlaf zu bekommen.
Es ist offiziell vier Uhr und sechsunddreissig Minuten.
Und mein Ofen wird gleich aufhören zu rattern. Weil ich ihn nämlich gleich abschalten werde.