Schubladen
Neuroplastizität ist etwas unglaublich Tolles, denn das heisst, wir können die Realität in ihre Einzelteile zerlegen und sie komplett neu wieder zusammensetzen. Ein bisschen wie Steck-Module. Wir denken so gerne in gewohnten Schubladen. Stuhl, Tisch, Tag, Nacht... Comic, Film, Installation. Alles sauber getrennt und abgelegt. Ich stelle mir so eine riesige Wand vor mit Millionen von Schubladen und in jeder hat es all diese Konzepte drin, die uns im Alltag begegnen. Wir finden blind die richtige Schublade, wir müssen gar nicht mehr darüber nachdenken. Aber was, wenn ein Stuhl auch ein Fahrzeug sein kann und ein Wandgemälde sich zum Schuheputzen eignet? Oder wenn ein Stuhl plötzlich zum Protagonist eines Films wird und das Wandgemälde sich wie Batman von Dach zu Dach hangelt? Oder wenn U-Boote durch die Luft fliegen würden, während Flugzeuge mühelos durchs Wasser gleiten? Ich hab ein paar der Schubladen aufgemacht. Angefangen, über mehrere Medien hinweg zu arbeiten – Objekte, Film, Ton, Text, alles durcheinander gemischt und im Wechsel. Das Schwierige ist, genügend Schubladen zu behalten, um nicht im kompletten Chaos zu versinken – und doch immer wieder alles in Frage zu stellen. Aber im Moment bin ich noch auf der Suche. Auf der Suche nach einer Arbeitsweise, einer Haltung. Dieses Projekt war von Beginn weg viel zu stark im "Produktionsmodus". Ich liebe den Produktionsmodus, er ist für Auftragsarbeiten unerlässlich und bei eigenen Projekten muss gegen den Schluss irgendwann auch der Teil des Kopfes aktiv werden, der darauf aus ist, das Projekt durchzuziehen. Aber davor braucht es die Entwicklungsphase – das Herausreissen der Schubladen, das ständige Hinterfragen, das Loslassen und das Analysieren. Ich freue mich darauf, ein paar Schubladen aufzubrechen.