Back to top
05 05 | '16

Unterwegs in einer Seifenblase 13

Stephen King hat mal geschrieben, dass er seinen Roman "misery" im Drogenrausch geschrieben hat - und dass er es schade findet, dass er sich kaum mehr daran erinnern kann, wie er ihn geschrieben hat. Ich merke auch gerade, dass wir teils so vorwärts stressen, als ging es darum, ein Rennen zu gewinnen. Aber wer auf der Autobahn fährt, wird die kleinen Schönheiten am Wegesrand (und seien es nur ein paar Risse im Teer, die ein schönes Muster ergeben) nicht sehen. Wir wollen doch... nein, ich kann nicht für alles sprechen, aber ich will definitiv keine Maschine sein, wie Warhol das sein wollte. Ich will nicht Zeichnung um Zeichnung ausspucken. Schlussendlich bin ich kreativ, um dann den Anblick meiner Arbeit auch zu geniessen. Es gibt so viel Schönheit darin, wenn sich Puzzlesteinchen auf Puzzlesteinchen setzt, wenn das Bild nicht mehr nur im Kopf steckt, sondern vor Augen immer klarer wird. Jede Neuentdeckung ist ein Grund, freudig durch die Wohnung zu hüpfen. Ich erwische mich aber selbst dabei, wie ich zwischendurch verbissen (im wahrsten Sinne des Wortes mit zusammengebissenem Kiefer) an der Arbeit herumgrüble. Es MUSS noch besser werden, es MUSS vorwärts gehen, es MUSS... gar nichts. Es muss gar nichts. Es darf, es kann. Es soll die Freiheit haben wie ein eigenständiges Lebewesen, sich zu entwickeln, zu gedeihen und eigene Wege zu gehen. Als würde man dem eigenen Kind beim Aufwachsen zusehen. Da macht man auch nicht beim ersten Ultraschall Pläne à la "okay, mit der Kopfform könnte es mal Bankfachfrau werden, es wird ein Mädchen, sie soll blonde Haare haben und wenn sie 30 ist, wird sie einen Top-Manager heiraten. Sie wird genau 130'000 im Jahr verdienen." Aber genau das machen wir teilweise mit unseren Ideen. Als hätte die Idee kein eigenes Recht, sich zu entwickeln. Und sie so streng voranzutreiben ist, als würde man versuchen, das Kind mit Genmanipulation schneller wachsen zu lassen, als es das von selbst tut. Schlussendlich ist es ein Genuss, den eigenen Ideen beim Wachsen zuzuschauen, ihren Weg mitzuverfolgen, ihnen Raum zu geben und neugierig zu beobachten, was mit ihnen passiert. Und es wäre schade, wenn man all das verpassen würde, weil man Angst hat, nicht rechtzeitig fertig zu werden oder weil man die Ungewissheit nicht aushält und möglichst schnell ein Ergebnis haben möchte. Denn schlussendlich ist der Weg das spannende, das Ziel ist nur noch das Tüpfelchen auf dem i, die kleine Leckerei, die es als Belohnung gibt.