Unterwegs in einer Seifenblase 41
Bei einigen von der Klasse lagen schon letzte Woche die Nerven blank. Bei mir setzt es jetzt langsam ein. Vor ein paar Tagen das Feedback: "der Film ist zu langsam, man schläft auf halber Strecke ein". Happy bin ich ans Kürzen gegangen, hier streichen, dort was dazwischen schneiden, ist doch super! Heute das Feedback: "geht viel zu schnell, ich komme gar nicht mehr hinterher". Das war wohl zuviel des Guten. Hoffentlich finde ich das richtige Tempo noch, bevor das Studium vorbei ist.
Das sind dann die Situationen, in denen man mal eben kurz im Viereck springt und schier durchdreht, weil der Laptop nur noch 10% Akku hat, der Zug mit der dringend benötigten Steckdose nicht kommen will und man gerade vor allem eins will: etwas tun und nicht rumstehen und warten! Die Momente, in denen man sich fragt, ob die letzten Monate Arbeit für die Katz waren, ob alles in einem Disaster enden wird, ob... Wenn der Kollege dann auch noch genau in diesem Moment einen ach so witzigen Spruch von sich gibt, riskiert er, den Kopf abgerissen zu bekommen. Das nennt sich dann Abschluss-Stress.
Eine Freundin meinte kürzlich: "Darum, den Abschluss zu bestehen, gehts doch schon lange nicht mehr." Sie hat Recht. Wir schieben nicht die Krise, weil wir um unsern Abschluss fürchten - sondern weil wir so unglaublich viel Energie und Zeit und Herzblut in diese Projekte gesteckt haben. Weil wir etwas Tolles, am liebsten sogar etwas Grandioses schaffen wollen, nicht nur etwas Mittelmässiges. Und weil wir insgeheim alle spüren: da wäre noch mehr möglich gewesen, da gabs so viele Varianten, die wir noch nicht ausprobiert haben. Zwischendurch hat man mal schlapp gemacht und ein paar Tage vertrödelt. Was, wenn man diese Tage auch noch genutzt hätte, was wäre dann...? Schlussendlich ist es müssig, darüber nachzusinnen. Und die Arbeit wird nie so gut sein, wie sie es im Luftschloss unserer Vorstellung hätte sein können. Denn mit der inneren Utopie kann die Realität nicht mithalten. In der Realität gibt es Probleme, technische und kreative, es gibt Zeitbeschränkungen, Budgets, es gibt schlechte Laune, schlechtes Wetter und in meinem Fall kommt noch mangelnde Erfahrung dazu. Ich hatte keine Ahnung, wie man einen Film dreht, wie man mit Schauspielern arbeitet, Regie führt, richtig belichtet, einen Film schneidet. Und natürlich hatte ich trotzdem Irgendwo die Vision von einem Film, der qualitativ mit den grossen Hollywood-Schinken mithalten kann. Da kann die Realität zwangsläufig nur schlechter abschneiden!
Deshalb betrachte ich den Film mit Freude und gleichzeitig mit Unzufriedenheit. Ich sehe all die Dinge, die ich besser hätte machen können. Gleichzeitig gibt es immer noch Szenen, bei denen ich nach dem hundersten Mal betrachten immer noch begeistert in die Hände klatschen und mitfiebern kann. Meine Grosstante hat die Ideen oder eigenen Werke mal mit dem eigenen Kind verglichen. Vielleicht sind diese Werke ja wirklich wie eigene Kinder - schlussendlich muss man sie so lieben, wie sie sind, mit den guten und den nervigen Seiten.