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07 05 | '17

Entdeckungsreise.

Entdecken bedeutet, das Ziel der Reise nicht zu kennen. Oder wie Columbus auszuziehen um einen neuen Weg zu einem bekannten Ort zu finden, nur um auf dem halben Weg einen neuen Ort zu finden. Wir versuchen diesen neuen Ort sofort in eine Kategorie zu stecken. Das ist illustrativ, das wirkt grafisch, das könnte in einem Museum hängen. Manchmal kann es hilfreich sein, einfach mal die Füsse aus dem Boot ins Wasser zu halten und mit baumelnden Beinen den neuen Kontinent zu betrachten, den wir so noch nie gesehen haben. Und gänzlich ohne Wertung das Gefühl des Sandes unter unseren Füssen zu spüren, wenn wir aus dem Boot steigen, als wüssten wir gar nicht, wie sich Sand anfühlt. Jedes Blatt zu erforschen, als hätten wir im Leben noch nie ein Blatt gesehen. Und vielleicht finden wir dann heraus, dass wir diesen Kontinent bereits kennen, dass wir losgereist sind, um etwas zu finden und wir haben etwas gefunden, nämlich uns selbst. Und dass dieser eine Moment, in dem wir uns einem Bild widmen, der Wertvollste ist, den wir uns vorstellen können. Nicht, weil wir Berühmtheit erlangen mit einem neuen Kontinenten. Weil es die Erfahrung von Tinte auf Papier, von Klecksen auf dem Lieblingsshirt, vom Geruch nach Lösungsmitteln, dem Geräusch von Sprühdosen ist, die unser wertvollster Schatz ist.

Das alles habe ich einer guten Freundin zu verdanken. Als ich meinte "man muss sich für eine Richtung entscheiden, wenn man richtig gut werden will", antwortete sie gelassen: "Schau, in zwei Jahren werde ich dich daran erinnern, dass du mal langsam Erfolg haben solltest. Bis dahin würde ich einfach mal alles ausprobieren und auch mal mehrere Dinge gleichzeitig machen." Seitdem probiere ich aus, was mir unter die Finger kommt. Inzwischen gibt es eine Ecke in meiner Wohnung, die voll mit Bildern behängt ist, welche immer wieder umsortiert werden, wenn ein neues Bild hinzustösst. Ein Fotoalbum mit all den schönen Erinnerungen, vor dem ich ewig sitzen könnte und jedes Bild hat seine eigene Entstehungsgeschichte.

Das Vorgehen ist einfach: man denke ein Weilchen über ein Thema nach und lasse dann los, folge dem ersten Impuls, nehme das zur Hand, was sich einem aufdrängt, was schreit: "hier bin ich!". Keine Zensur. Und eine Weile malt man vielleicht zehnmal über dasselbe Bild und es will nichts entstehen, dann zerschneidet man das Bild, klebt einzelne Teile hin und es passiert immer noch nichts. Aber wenn man dran bleibt (und das kann manchmal auch mehrere Stunden oder Tage dauern) und die Hände in Bewegung hält (nicht drüber nachdenken, sondern tun!), dann passiert irgendwann die Magie und es entstehen Bilder und Momente, die man so niemals hätte vorausplanen können, weil der Verstand immer nur auf bereits Erlebtes zurückgreifen kann, nicht jedoch auf die Zukunft. Hier kann allein das Bauchgefühl, die Assoziation, das Sprunghafte, Inuitive und Spontane eingreifen. Diese Seite kann man genauso trainieren wie das logische Denken. Es braucht nur etwas mehr Mut, weil es (au weia) etwas mit Gefühlen zu tun hat und es Überwindung braucht, sich ins Ungewisse hinauszustürzen in die noch nicht kartographierten Landstriche und zu straucheln, zu stolpern und hinzufallen, sich die Knie aufzuschürfen, fluchend wieder aufzustehen und weiterzutrappeln in der Hoffnung, dass da doch mehr sein muss als der schlammige Untergrund und ein paar abgestorbene Bäume. Wer scheitert, hat zu früh aufgegeben. Wenn man nur genug Zeit und Energie hinein steckt, macht man zwangsläufig Fortschritte, man kann gar nicht anders.