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16 10 | '16

Aquaplaning im Baumarkt-Himmel

Ich bin grad wie eine Fahranfängerin unterwegs. Zu viel Kupplung kommen lassen, der Motor ist abgewürgt. Dann zu viel Gas, das Auto macht einen Satz vorwärts, der Motor heult auf. Mein Fahrlehrer hatte in der Nacht vor meinen Fahrstunden jeweils Panik-Attacken und stieg jedes Mal mit mir gemeinsam aus, verabschiedete mich und küsste dann den Boden. Wieder eine Fahrt überlebt. Der Herr von der Fahrprüfung hatte zwei gebrochene Hüftgelenke, nachdem ich (wider Erwarten erfolgreich, wenn auch unabsichtlich) an der Ampel im dritten Gang angefahren war.

Gestern war ich im Baumarkt. Wenn ich mal sterbe, dann will ich nicht in den Himmel kommen (Harfen sind langweilig), aber auch nicht in die Hölle (will nicht als Grillhähnchen enden), sondern in einem Baumarkt den Rest der Ewigkeit verbringen. Aber bitte in einem mit einem grossen Sortiment. Als ich nach Hause kam, spielte ich herum und die Ideen prasselten wie ein warmer Sommerregen auf mich nieder. Aber der Regen kühlt dann irgendwann auch ab und dann fängt man an, zu frieren. Und als ich mich heute dran setzte, sass ich da und dachte: "Ups." Und dann erinnerte ich mich, wie toll es ist, eine Wohnung auszumisten. Und Stück für Stück flogen die Ideen aus meinem Projekt raus, bis nur noch das übrig blieb, was essentiell war. Nicht ein "ungelebtes Leben" oder "ungelebte Ideen", sondern lieber das, was real und wichtig ist. Das ist nervaufreibend, es geht mir alles zu langsam – aber immer noch besser als mit Vollgas verkehrt in die Einbahnstrasse abzubiegen, die sich dann zufällig auch gerade noch als Sackgasse entpuppt (ja, ich weiss, fahrtechnisch ist das ein bisschen doof – deswegen füllt sich die Strasse am hinteren Ende ja auch mit immer mehr Autos, weil die nicht mehr zurück fahren dürfen und man sich als gesetzestreuer Bürger daran hält).

So ist jetzt also ein Rahmen gesteckt (wie steckt man eigentlich einen Rahmen? Hat der Zapfen dran?) und darin kann ich arbeiten, ohne komplett abzudriften (mein erstes Mal Aquaplaning war herrlich – insbesondere der Kommentar von der Rückbank: "Was machst du?!" "Öh, wir fahren schon seit zwei Stunden geradeaus – ich dachte, ich fahr mal ein bisschen kreativer und mach ein paar dynamische Schlenker rein. Das nächste Mal fahre ich eine Pirouette.") Eigentlich gehts bei einem Projekt ja immer drum, die richtige Rahmengrösse zu finden – und wann es die richtige Zeit für ein bisschen Aquaplaning ist und wann man sich besser an die selbst erfundenen Verkehrsregeln hält (nein, das sind keine schlüpfrigen Anspielungen – ein Schuft, wer Böses denkt).

So. Und ich versuch mich jetzt nochmals daran, sachte die Kupplung kommen zu lassen. Irgendwann muss das ja klappen, ohne das Projekt abzuwürgen.