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11 09 | '13

Tag 8 im Warm-Up Kurs: mit dem Kopf durch die Wand

Heute habe ich eine wichtige Lektion gelernt. Entweder, man schlägt sich wieder und wieder den Kopf an derselben Wand an - oder man schlägt einen neuen Weg ein. Ich war nicht die einzige. Wir haben wieder und wieder dasselbe gezeichnet in minimalen Variationen. Und es wollte und wollte nicht klappen.

Die Definition von Wahnsinn lautet: Immer wieder dasselbe versuchen und ein anderes Ergebnis erwarten. Man hatte das Gefühl: wenn man nur lange genug dran bleibt, dann löst sich der Knoten. Gleich, gleich muss es doch passieren - dann fügt sich alles zu einem stimmigen Ganzen zusammen und lässt bei einem ein Glücksgefühl zurück.

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Das Glücksgefühl stellte sich nicht ein. Im Gegenteil. Ich war frustriert, verfluchte das Zeichnen und wollte am liebsten etwas ganz Anderes machen. Der Dozent hat mir dann gesagt, ich solle mal etwas Anderes versuchen. Ich solle mir nochmals einen Salat bzw. eine Petersilie bewusst vornehmen und versuchen, die "Geste" dieser Pflanze kennenzulernen und sie dann einfliessen zu lassen.

Meine ersten Versuche danach sahen so aus:

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Auf dem Heimweg habe ich mir also noch schnell eine Petersilie und einen Salat besorgt und im Zug begonnen. Ich schaute mir die Petersilie genau an. Ich roch daran. Ich ass ein Stück davon. So, wie wir es letzte Woche im Zeichnen gelernt hatten. Und plötzlich schien das Gemüse ein Eigenleben zu entwickeln. Ich bekam Lust darauf, einen kleinen Text dazu zu schreiben, was ich sehe. Mir wurde immer mehr bewusst: Wir zeichnen nicht, was wir sehen. Wir zeichnen unsere Erfahrung. Wäre es nicht wundervoll, wenn man die Petersilie auf dem Papier noch schmecken oder riechen könnte? Wenn man heraus spüren könnte, was der Zeichner spürt, wenn er oder sie sich mit diesem Kraut beschäftigt?

Ich kann jetzt, noch Minuten später, die Petersilie auf meiner Zunge schmecken. Ich sehe ihr Bild vor meinen geschlossenen Augen. Es fühlt sich unglaublich sinnlich an. Wie lebendig wäre der Alltag, würden wir alles dermassen intensiv wahrnehmen! Eine geradezu buddhistische Wahrnehmung.

Hier sind meine beiden Texte. Bei der Gelegenheit muss ich mich für die schlechte Bildqualität entschuldigen. Ich blogge aus Zeitmangel jeweils abends kurz und mache die Fotos meistens mit dem iPhone, damit es schneller geht.

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